Die Geschichte von PDF

Bereits in den Kindertagen der ersten PC's - damals tatsächlich noch liebevoll "personal computer" genannt - entstand der Traum vom "papierlosen Büro". Aus dieser Vision ist bis heute nicht viel geworden; zeigt uns die Geschichte doch, dass Computer den Papierberg viel mehr vergrößert haben, anstatt ihn auch nur ansatzweise zu verringern.

Anfang der 90er Jahre schwamm das noch völlig unausgereifte Projekt PDF auf genau der Idee vom "papierlosen Büro"; ausgedacht vom Adobe-Gründer John Warnock. In einem firmeninternen Papier beschrieb, wie toll es doch wäre, wenn man vollständige Dokumente über eMail-gestützte Netzwerke verschicken könnte, die auf jeder Maschine angezeigt und ausgedruckt werden könnten. Man erinnere sich: dies war die Zeit der ASCII-Welt, in der man Texte mit einfachen Editoren schrieb und HTML oder Multimedia ein Unwort waren.

Immerhin verfügte man bei Adobe schon über zwei Technologien, welche die Grundlage für Warnocks "Freizeit-Projekt" bildeten: PostScript war die universelle Grafikprogrammiersprache, über die man plattformunabhängig Druckdaten für Dokumente beschreiben konnte, sowie den Illustrator, der solcher Dokumente auch erzeugen konnte ebenfalls auf mehreren Plattformen lief (um genau zu sein, waren es zwei; nämlich Windows und MacOS - aber damit waren damals mehr als 99% aller Computer abgedeckt). Aus diesen beiden Technologien entwickelte man bei Adobe kurzerhand das neue Dateiformat PDF sowie Applikationen, die das neue Format erzeugen und darstellen konnten.

1991 ging man mit PDF erstmalig in San Jose an die Öffentlichkeit. Ein Jahr später wurde das neue Format auf der Comdex in Las Vegas noch unter dem Namen IPS 1.0 (Interchange PostScript) vorgestellt und prompt mit dem "Best Of Comdex" ausgezeichnet. Die heute überall bekannte Software "Acrobat" ("Distiller" zum Erzeugen und "Reader" zum Anzeigen von PDF-Dateien) lieferte Adobe am 15. Juni 1993 aus. Zu diesem Zeitpunkt kannte PDF interne Links, Bookmarks und eingebettete Fonts. Übrigens: Acrobat sollte zunächst "Camelot" heißen - später taufte man es in "Carousel" um; daraus ergab sich für zumindest auf dem Macintosh der Dateityp "Caro" für PDF-Dokumente.

Anfangs nahm man bei Adobe horrende Preise für die neue Technik; der Distiller kostete zwischen 695,00$ (single) und 2.495,00$ (network edition). Sogar der Reader schlug mit stolzen 50,00$ zu Buche. Diese Preispolitik trug natürlich nicht gerade dazu bei, dass PDF "über Nacht" zum shooting star wurde. Das sah auch Adobe ein und senkte die Preise; der Reader wurde fortan kostenlos verteilt.

Acrobat 2 (PDF 1.1) wurde 1994 released und unterstützte nun auch externe Links, security-Eigenschaften, Anmerkungen und einen unabhängigen Farbraum (zuvor wurde nur RGB unterstützt). Anfangs war Adobe selbst sein bester Kunde; brachte das Format aber dadurch voran, dass alle Adobe-Dokumente für Entwickler nur noch als PDF ausgeliefert wurden. Einer der ersten Großkunden waren die US-Finanzbehörden.

1996 erschien Acrobat 3 (Codename "Amber") mit PDF 1.2, dass neben Formularelementen jetzt auch Halbtonfarben sowie Überlagerungen und vor allem den bei der Druckindustrie so beliebten CMYK-Farbmodus unterstützte. Auf einmal wurde PDF für Grafikdesigner interessant, die mit PDF nun die Möglichkeit erhielten, sogenannte "prepress releases" ihrer Arbeiten zu veröffentlichen. "prepress", also die Vorstufe vor dem Druck, war ideal, um Werke vorab zu publizieren und die Arbeitskosten drastisch zu senken. Gleichzeitig erschien ein Plugin für Netscape, dass PDF-Dokumente im Browser darstellen könnte. Der rasante Boom des Internets katapultierte PDF weit nach vorne. Mit Agfa erhielt Adobe einen Kunden, der ab 1998 damit begann, PDF in hohem Masse für kommerzielle Druckerzeugnisse einzusetzen.

Allmählich wurden aber auch kritische Stimmen laut, denn noch immer waren externe Tools für die Erzeugung von PDF-Dokumente nötig. Hinzu kam, dass man 1991 PDF als einen sehr offenen Standard spezifiziert hatte. Das Ergebnis: es gab einfach zu viele Möglichkeiten, eine tadellos gültige PDF-Datei zu erzeugen, die aber leider nicht verwertbar war, da der Acrobat Reader sie nicht anzeigen konnte.

Um diese Misere zu beseitigen gründeten mehrere Firmen ein Konsortium, das 1998 den neuen Standard PDF/X-1 veröffentlichte. PDF/X-1 basierte auf PDF 1.2, enthielt aber eine höchst detaillierte Beschreibung, wie die Datei später aussehen sollte. Außerdem war sichergestellt, dass alle Fonts eingebettet oder hochaufgelöste Bilder auch tatsächlich vorhanden waren.

Im April 1999 kam Acrobat 4 (Codename "Stout") mit PDF 1.3 auf den Markt, das neben neuen Farbräumen auch eine Technologie namens "smooth shading" unterstützte, welche den weichen Übergang von einer Farbe in die andere ermöglichte. Parallel dazu erweiterte man bei Adobe die Ausgabegröße eine PDF-Dokumentes auf bis zu 5.080mm im Quadrat (vorher waren es nur 1.143mm). Die Version 4.0 besaß bei Auslieferung jedoch viele Fehler, was Adobe veranlasste, ein zunächst kostenpflichtiges Update auf 4.05 nachzuschieben. Die vielen Proteste der User führten aber schnell dazu, dass das Update kostenlos an registrierte Kunden verschickt wurde. Seit Acrobat 4.05 kann man bei PDF von einem "Standard-Format" sprechen; über 100 Millionen Kopien der Reader-Software waren heruntergeladen worden.

Mitte 2000 erschien PDF 1.4, das aber kurioserweise nicht von einer neuen Acrobat-Software begleitet wurde, sondern zunächst ausschließlich vom Adobe Illustrator 9 unterstützt wurde. Erst knapp ein Jahr später war Acrobat 5 (Codename "Brazil") verfügbar und PDF 1.4 konnte sich ausbreiten. Die wichtigsten Neuerungen: Transparenzen, 128-Bit-Vesrchlüsselung, Support für JavaScript und vor allem die sogenannten "tagged PDFs", mit denen man Meta-Informationen wie Definitionen über Titel, Textblöcke etc. in einer einzigen PDF-Datei publizieren konnte. Das war vor allem für den wachsenden Markt der eBooks interessant, da mit dieser Technologie PDF-Dokumente neu ausgelesen werden konnten um die Darstellung auf den unterschiedlichsten Ausgabegeräten zu optimieren. Ebenfalls (besonders für die Druckindustrie) interessant: Acrobat 5 konnte korrekte Farbüberlagerungen darstellen, d.h. wenn ein Anwender eine gelbe Box teilweise über eine rote Fläche legte, erschien die Überlappungszone folgerichtig in orange.

Der aktuelle Stand liegt derzeit bei PDF 1.5 und Acrobat 6 (Codename "Newport"). Im April 2003 veröffentlicht, sorgte diese Version neben vielen neuen Features aber auch für Verwirrungen. Der Acrobat Reader wurde in Adobe Reader umbenannt und kann neben PDF nun auch Adobe eBooks darstellen. Dadurch wird zwar mehr Funktionalität in einer Applikation gebündelt; dafür ist der Umfang des Softwaredownloads aber auch spürbar angestiegen. Das Wichtigste an PDF 1.5 ist: verbesserte Kompression durch "object streams" und JPEG 2000, Unterstützung von Layern, stark verbesserte Unterstützung von "tagged PDFs".